1985 – vor 30 Jahren wurde das Wrack der Titanic entdeckt, die 1912 nach einer Kollision mit einem Eisberg gesunken war und das wohl berühmteste Schiff aller Zeiten ist. Commodore stellte den Amiga vor, einen der populärsten Heimcomputer seiner Zeit und Microsoft präsentierte Windows 1. Im gleichen Jahr, als der Brasilianer Ayrton Senna seinen ersten Formel 1-Grand Prix gewann, wurden der Fußballspieler Cristiano Ronaldo und Formel 1-Star Nico Rosberg geboren. Heinz Kinigadner startete als amtierender Weltmeister mit der #1 auf damals noch grünem Startnummernschild in die 250ccm MX-Saison.
Kinis erster Weltmeistertitel war ein Meilenstein in der KTM Geschichte, wurde er doch im 50. Jubiläumsjahr von einem Österreicher auf einem österreichischen Motorrad gewonnen. Die Saison war gut gelaufen für den langen Tiroler, der sich ein beruhigendes Polster von 84 Punkten herausgefahren hatte. Erst gegen Ende der Saison konnte der Franzose Jacky Vimond, wegen seiner recht ungewöhnlichen rosafarbenen Fahrerbekleidung „Pink Panther“ genannt, Boden gutmachen, aber Kini hielt ihn auf Distanz und sicherte sich im finnischen Hyvinkäa seinen ersten WM-Titel. Drei Wochen später verletzte sich Heinz Kinigadner bei einem Supercross-Rennen in Spanien schwer und zog sich dabei mehrere Knochenbrüche zu. Wenige Wochen danach stürzte auch der ältere Bruder Hans bei der nationalen Motocross-Meisterschaft schwer und ist seither querschnittsgelähmt – nicht gerade optimale Voraussetzungen für die Vorbereitungen zur Titelverteidigung.
Kinigadner KTM 250 MX Studio 1985
Der Saisonauftakt im eigentlich sonnensicheren Südafrika war total verregnet, dazu kam der Trainingsrückstand durch die Verletzung. Ein achter Platz war die magere Punkteausbeute für den amtierenden Weltmeister. Noch schlimmer kam es dann beim zweiten Grand Prix im schweizerischen Payerne, wo die WM-Truppe vollends im Schlamm versank. Mit einem vierten Platz in Lauf 1 und einem sechsten Rang im WM-Klassement verließ Kini mit 42 Punkten Rückstand auf Vimond das Land der Eidgenossen.
Auch beim Heimrennen im österreichischen Schwanenstadt, dem dritten WM-Lauf, war er wieder vom Pech verfolgt. Nach einem harten Fight mit dem 21-jährigen Niederländer Gert Jan van Doorn fing sich der KTM Pilot schon nach zehn Minuten in Führung liegend einen Plattfuß am Hinterrad ein. Doch auch in dieser recht ausweglosen Situation behielt er einen kühlen Kopf. Bei einem Boxenstopp während des Rennens durfte nur ein Mechaniker am Motorrad arbeiten, ansonsten drohte die Disqualifikation. Kini erinnert sich: „Es war das Heimrennen von KTM und ich wusste, dass sich bei einem Boxenstopp gleich eine ganze Schar Mechaniker auf mein Motorrad stürzen würden, was die ‘Rote Karte’ bedeutet hätte – ich hatte Angst, die Box anzusteuern und blieb auf der Piste“. Im Ziel reichte es dann noch zum 12. Platz.
Kinigadner KTM 250 MX Schwanenstadt 1985
Dann kam Kini immer besser in Form – beim italienischen WM-Lauf konnte er trotz zweier verpatzter Starts den Rückstand auf WM-Leader Vimond etwas eindampfen und bei der fünften WM-Runde auf der knüppelharten Piste im belgischen Borgloon gab es dann endlich den ersten Laufsieg. Im tschechischen Holice war endgültig der Kontakt zur Spitze hergestellt. Gewann Vimond noch den ersten trockenen Durchgang, so war es Kinigadner, der im vom Regen aufgeweichten zweiten Lauf zu Hochform auflief und den „Pink Panther“ auf die Plätze verwies. Aber auch in den folgenden Läufen gelang es Kini nicht, den Franzosen von der Tabellenspitze zu verdrängen, so dass Vimond mit zwölf Punkten Vorsprung als WM-Leader zum Finale ins unterfränkische Goldbach anreiste.
Kinigadner & Hans Trunekpolz KTM 250 MX Goldbach 1985
Mit zwei Laufsiegen wäre für Kini noch alles drin, also lautete die Devise, auf Angriff zu fahren. Genau die richtige Strategie, denn dem Franzosen spielten die Nerven einen Streich und er kam über einen Mittelfeldplatz nicht hinaus. Kini hatte zum ersten Mal in der Saison die WM-Führung übernommen, wenn auch nur mit einem winzigen Punkt Vorsprung auf Vimond. Im zweiten Lauf ging es dann Spitz auf Knopf. Sowohl Vimond als auch Kinigadner hatten noch die Chance, sich die Viertelliter-Krone aufzusetzen. Während sich der Österreicher aus dem Startgetümmel heraushalten konnte, musste der Franzose das Feld von hinten aufrollen. Kini brauchte nun nur noch vor Vimond ins Ziel kommen, was ihm mit einem fünften Platz gelang.
Kinigadner 250 ccm Motocross-Weltmeister Goldbach 1985
Anders als in der vergangenen Saison, wo Kinigadner von Beginn an dominierte, musste er diesmal Stück für Stück von Vimonds Vorsprung abknabbern. Mit einer denkbar knappen Differenz von gerade einmal zwei Punkten gelang ihm das erst beim allerletzten Lauf.
Zum zweiten Mal wurde ein Österreicher auf einem österreichischen Motorrad Weltmeister, dazu noch mit der werbewirksamen Startnummer 1 des Titelverteidigers – besser hätte es auch in der Saison 1985 nicht laufen können.
KTM 250 MX 1985
Nach einem Umstieg in die Halbliterklasse wechselte Kini Ende der 80er Jahre in den Rallysport, wo er neben sportlichen Erfolgen auch wichtige Akzente für die Entwicklung der Rallymaschinen setzte, die letztendlich in der heutigen KTM Dominanz bei der Rally Dakar gipfelten.
Fotos: Kini | www.ktmimages.com
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