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THE HOT SEAT – RENE HOFER INTERVIEW

Im Jahr 2020 wird der siebzehnjährige Rene Hofer als erster Österreicher in diesem Jahrhundert für das erfolgreichste Team der MXGP antreten. Wie ist es, voll im orangefarbenen Scheinwerferlicht zu stehen?

Rene Hofer – PC @RayArcher


Red Bull KTM wird in der Saison 2020 das beste Motocross-Fahrerteam aller Zeiten an den Start bringen. Zusammen halten Tony Cairoli, Jeffrey Herlings und Jorge Prado bei fünfzehn Weltmeistertiteln in der MXGP. Tom Vialle, der Rookie des Jahres 2019 in der MX2-Kategorie, wird bereits vor Saisonstart als einer der Favoriten auf den Titel gehandelt, hat er doch in seiner ersten Saison 2019 bereits sieben Podestplätze und den 4. Gesamtrang geholt. Rene Hofer verwandelt dieses Quartett in ein Quintett. Der Teenager stößt mit Titeln in der FIM-Junioren-, der 125-cm3– und der Europameisterschaft (alle auf KTM) zur Mannschaft und führte die EMX125 in der Saison 2018 an, bevor ihn eine Verletzung aus dem Rennen warf. Im Vergleich zum Trubel um seine Teamkollegen hat Hofer aber noch eine besondere Eigenschaft zu bieten.

„Er ist hier zuhause“, bestätigt Team Manager und Technical Coordinator Dirk Grübel mit einem breiten Grinsen in seinem Gesicht. „Er ist zurzeit der beste Motocross-Fahrer aus Österreich und der beste seit [dem Sieger der Dakar 2018] Matthias Walkner, der sein Glück in der MX2 versuchte und am Ende in der alten MX3-Klasse Erfolge feierte. Alle Augen werden auf Rene gerichtet sein und wir finden, dass es cool ist, einen Fahrer aus dem Heimatland der Marke im Team zu haben. Wir können noch nicht sagen, welche Auswirkungen der ganze Druck auf ihn haben wird …“

2020 – Rene Hofer – PC @ReneHofer Instagram


Für Red Bull KTM fuhren in der Vergangenheit die besten Fahrer aus Italien, Frankreich, den Niederlanden, Deutschland, Südafrika, Spanien und Lettland und nun gibt es zwischen dem Team und dem Werk in Mattighofen sowie dem Rennstall in Munderfing eine besondere Verbindung. Hofer errang seinen Platz im Werksteam mit einer einzigen Saison in der europäischen EMX250-Meisterschaft (dem Unterhaus der Grand-Prix-Klassen) und mithilfe zweier weiterer überzeugenden Faktoren. Erstens mit zwei herausragenden Wildcard-Starts in der MX2, bei denen er nicht nur Punkte holte, sondern es mit einem siebten Platz beim Grand Prix von Italien sogar in die Top Ten schaffte, und zweitens dank der Entwicklung seines 2020-Teamkollegen Vialle. Der achtzehnjährige Franzose hatte in der EMX nicht überzeugen können und war für das Werk und das Rennteam für 2019 eine Art ‚Lotterieticket‘ und Investition. Dank seiner Fähigkeiten und Mentalität (sowie der Arbeit des Teams) war er in der Lage, eine großartige Saison hinzulegen. Was spricht dagegen, dass Hofer Ähnliches erreicht?

„Tom konnte in der EMX 2018 einige Läufe gewinnen und obwohl Rene 2019 das nicht gelang, war er konstant gut, holte in der Tschechischen Republik Punkte sowie ein Top-Ten-Resultat in Italien. Das waren gute Ergebnisse und vielleicht etwas zu gut, denn wir wollen nicht, dass Fahrer glauben, es wäre „zu leicht“, so Grübel. „Wir werden 2020 genauso angehen wie mit Tom in diesem Jahr: Rene ist der Newcomer in der Klasse. Von außen betrachtet hat er vielleicht nicht denselben Stil wie Jorge oder Tom, aber er hat sein Herz am rechten Fleck und trainiert hart. Er will es schaffen. Wir glauben an ihn.“

Rene Hofer – PC @RayArcher


Der aus Linz stammende Hofer kommt aus der richtigen Gegend, um in Mattighofen und dem Rest Oberösterreichs Interesse zu wecken, aber sobald das Team die Landesgrenzen überschreitet, zählt das wenig. „Die Chance, einen Österreicher verpflichten zu können, kommt nicht jeden Tag, und deshalb müssen wir sie wahrnehmen“, gibt KTM Offroad VP Robert Jonas zu Protokoll. „Aber, ich würde sagen, dass es ihm nicht einfacher gemacht wird, nur weil er Österreicher ist.“

Jonas weiß wovon er redet. Der ehemalige 125er-Star war der letzte Fahrer aus der Alpenrepublik, der Ende der 1990er-Jahre in die Reichweite eines Werksmotorrads und der begehrten SX-Technik kam. Noch bevor er der Welt zeigen konnte, wozu er tatsächlich fähig ist, verletzte sich Jonas im ersten Jahr des neuen Jahrtausends schwer am Knie. Das war zwei Jahre vor Hofers Geburt. „Ich erinnere mich dunkel“, so Jonas. „Ich gewann beim letzten Rennen zur österreichischen Meisterschaft 1999 den Titel und am Sonntagabend erhielt der Manager der österreichischen Fahrer einen Anruf von Herrn Pierer [CEO von Pierer Mobility], um mir einen Platz im Werksteam anzubieten. Damit hatte ich überhaupt nicht gerechnet. Natürlich denkt man daran und arbeitet darauf hin … es war aber schon eine riesige Überraschung.“

„Ich glaube nicht, dass das im gleichen Ausmaß auf Rene zutrifft“, kommentiert er. „Er war dem Werkseinsatz aufgrund seiner Ergebnisse in der europäischen Meisterschaft [sechs Mal unter den besten Fünf in acht Läufen in 2019] bereits näher gewesen und nachdem sich Jeffrey [Herlings] verletzte, konnte er bereits Werksatmosphäre schnüffeln.“

Rene Hofer – PC @RayArcher


„Es ist eine große Chance und eine große Herausforderung“, fügt Jonas hinzu und fährt fort: „Ich finde aber, dass er sie verdient hat, da er gute Fortschritte gemacht hat. Bei seinen beiden GP-Auftritten in diesem Jahr hat er uns jedenfalls beeindruckt. Nachdem er nicht die besten Starts hatte, musst er um seine Ergebnisse kämpfen und sich seinen Weg durchs Feld bahnen.“

Hofer überzeugte das KTM-Rennmanagement mit seiner Einstellung und seinem Engagement, was ihm auch die volle Unterstützung und das Vertrauen von Leuten wie Motocross Manager Joel Smets und dem ehemaligen KTM Junior Team Manager Didi Lacher sicherte, dessen Meinung im Rennhauptquartier in Munderfing besonders viel Gewicht hat.

„Er gibt nie auf. Er fährt Rennen immer zu Ende und macht nie Ausflüchte, wenn es nicht so läuft“, so Grübel. „Er steht zu seinen Fehlern. Ich sehe, wie hart er trainiert. Bei den Rennen auf Sand hat er noch Probleme, aber das war bei Tom auch nicht anders; je mehr Zeit sie in Belgien verbringen (in Österreich gibt es nicht viele Sandstrecken), desto besser werden sie, und Rene wird da keine Ausnahme sein.“

PC @RayArcher


„Er liefert gute Leistungen ab, wenn es an der Zeit ist, und das ist eine Eigenschaft, die du einfach haben musst“, betont Jonas. „Er hat noch viel Arbeit vor sich, aber ich glaube, dass er es schaffen kann.“

Hofer ist weiser, als es seine jungen Jahre vermuten lassen. Ihm ist klar, dass seine Saison 2020 mehr ist als nur die einmalige Chance, für das beste Werksteam der FIM-Weltmeisterschaft zu fahren. „Mein Handy explodierte förmlich, als ich die Bestätigung bekam“, grinst er. „Für mich ist das eine große Sache, ebenso wie für einige andere Leute. Ich versuche aber, auf dem Boden zu bleiben.“

„Tom hatte in diesem Jahr eine unglaubliche Saison und das ist [für einen Rookie] nicht ‚die Norm‘“, so Hofer. „2020 wird sicher ein Lehrjahr werden, trotzdem hoffe ich, ein paar gute Resultate zu erzielen und mehr Selbstvertrauen aufzubauen.“

Rene Hofer – PC @RayArcher


Hofer ist noch nie bei einem wichtigen internationalen Rennen außerhalb Europas angetreten. Für den Fahrer, der immer noch zur Schule geht („offiziell bin ich im 12. Schuljahr, habe also nur noch ein Jahr vor mir und die Möglichkeit, mit 18 die Schule zu verlassen. Das werden wir aber im Januar entscheiden“), werden die 20 Rennen auf dem MXGP-Kalender eine große Herausforderung werden. „In ferne Länder reisen, andere Kulturen, Speisen und Zeitzonen kennenlernen: Daran bin ich nicht gewöhnt … aber Tom kann damit umgehen, also kann ich das sicher auch“, fährt Hofer fort.

Abgesehen von der Aufmerksamkeit, der neuen Umgebung und dem Druck wird Hofer auch lernen müssen, was es heißt, in der MX2 zu fahren. „Im Vergleich mit der EMX fahren wir viel mehr, was bedeutet, dass ich mich an die Strecken gewöhnen muss“, erklärt er. „Auch die Starts sind viel schwieriger. Alle Fahrer sind extrem eng zusammen und gebremst wird viel später. Daran muss ich mich noch mehr gewöhnen. Die Geschwindigkeiten sind nicht so verschieden, wenn man sieht, dass Fahrer wie [Roan] Van de Moosdijk oder [Alberto] Forato auch schnell genug sind, um unter die besten Fünf zu kommen. In der MX2 sind die Starts noch wichtiger als in der EMX. Insgesamt geht es viel intensiver zur Sache.“

Intensiv trifft es wahrscheinlich gut, wenn man beschreiben will, was Hofer erwartet. Eines ist sicher: Red Bull KTM freut sich über weitere Siege noch mehr, wenn diese einen noch klareren rot-weiß-roten Anstrich haben.

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